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Irgendwann hatten sich irgendwelche Riesenmoleküle zu separaten Zellen zusammengeschlossen, die einen Kern hatten, in dem ihr Bauplan ebenfalls in Form einer langen Molekülkette gespeichert war. Einige von ihnen oder auch nur eine einzige begannen damit, sich zu teilen und dabei eine exakte Kopie ihrer selbst herzustellen, inclusive Zellkern und Erbinformation. Immer wieder gab es dabei kleinere Fehler. Diese Fehler sind der Grund für unsere Existenz. Hätten sich alle Zellen immer nur exakt und haargenau kopiert, wäre aus ihnen nie etwas anderes entstanden, als eben genau diese Zellen. Die Fehler waren aber nicht etwa dazu gut, um aus ihnen zu lernen. Vielmehr entstanden durch die Fehler Eigenschaften, die scheinbar nutzlos, bei einer unvorhergesehenen Veränderung der Umweltbedingungen auf einmal überlebenswichtig waren.
Als es noch keinen freien Sauerstoff in der Atmosphäre gab, war ein Enzym, das Sauerstoff abbauen oder neutralisieren konnte nahezu nutzlos und verschaffte den Organismen, die es besaßen keinerlei Vorteile. Als dann blaugrüne Algen damit anfingen, Photosynthese zu betreiben und daraufhin der Sauerstoffgehalt drastisch anstieg, überlebten diejenigen Organismen, die die zuvor nutzlose Mutation besaßen. Die ursprünglich bedeutungslose Sauerstofftoleranz wurde unter den neuen Umweltbedingungen zu einem Schlüsselfaktor für das Überleben. Außerdem legte diese Entwicklung den Grundstein für die Entstehung von Organismen, die Sauerstoff aktiv für die Energiegewinnung nutzen konnten, was später zu einer enormen Effizienzsteigerung des Stoffwechsels führte.
Aus diesem Grund sollten wir uns mehr Fehler erlauben. Man kann nicht wissen, wozu sie einmal gut sein könnten. Ich bin zum Beispiel unfähig, schöne Geschenke zu machen. Als ich mit Fritz Mille, der sich seinerzeit alle Mühe gegeben hat aus mir einen brauchbaren Sozialarbeiter zu machen einen Kibbuz in Israel besuchte, sollte ich ein Gastgeschenk mitbringen. Fritz weigerte sich schließlich, mich mitzunehmen, wenn ich mein Geschenk überreichen würde. Es waren Chanukka-Kerzen. Ich habe offenbar große Schwierigkeiten zu erahnen, worüber sich ein anderer freuen könnte. Der Fehler mag sein, dass ich eine Spur zu selbstverliebt bin, um mich ausreichend in andere hineinversetzen zu können. Aber wie gesagt, wer weiß, wozu das mal gut ist!
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