Die dreizehnte gibt’s umsonst by liedersaenger

Meine Mutter war Mitglied in der Konsumgenossenschaft und bekam gegen Vorlage des Mitgliedsausweises Rabattmarken, die sie in ein gelbes A6-Heft einklebte. Eimal im Jahr konnte man das Heft einreichen und bekam je nach Umsatz Geld zurück.

Ich profitiere von dem zwar späten, dadurch aber nicht weniger großen Glücke, von einer ausgesprochen attraktiven Frau geehelicht worden zu sein, die nicht nur Schönheit und Klugheit in sich vereint, sondern auch noch ein Händchen für das Praktische hat. Sie kann das Geld zusammenhalten und es rinnt ihr nicht wie mir zwischen den Fingern hindurch. So brachte sie unlängst vom Biereinkauf eine Rabbatkarte mit, auf der man sich den Kauf von zwölf Kästen einer festgelegten Marke beurkunden lassen kann. Den dreizehnten Kasten bekommt man dann geschenkt. Anfangs haben wir natürlich immer vergessen, die Karte mitzunehmen oder vorzulegen, aber inzwischen hat sich auch hier eine gewisse Routine eingestellt. Ich habe beim Austrinken der Kästen meine Schlagzahl signifikant erhöht, um auch dazu beizutragen, dass wir möglichst schnell in den Genuss des dreizehnten Gebindes kommen.

Früher war ich ein Banause, wenn es darum ging, das Geld zusammenzuhalten. Wenn ich etwas kaufen wollte, bezahlte ich den verlangten Preis und fertig. „Angebote“ mit Niedrigpreisen schreckten mich eher ab. Lieber bezahlte ich zu viel, als zu wenig. So konnte das freilich nichts werden und zweifellos wäre ich verarmt und ins Elend geraten, hätte meine schöne Frau mich nicht gefunden und sich meiner angenommen. Auf dass mein Glück perfekt werde, kamen mit den Jahren noch drei Kinder, deren jüngstes jetzt auch haushaltstechnisch kräftig mitmischen will.

Mit zunehmender Mobilität des Letztgeborenen gilt es wieder, zunächst darauf zu achten, dass der Fußboden frei sowohl von verschluckbaren Kleinteilen, als auch von eventuell heruntergefallenen wichtigen Papieren bleibt. Das rasant krabbelnde Kind zerkaut Apotheken-Abholscheine oder Paketbenachrichtigungen in Sekundenbruchteilen zu Pulpe. Mittlerweile müssen vor dem sich an allem hochziehenden Emporkömmling auch Couchtisch und Regalböden bis 80 Zentimeter gesichert werden. Nun lassen sich die Aktivitäten unseres Jüngsten auf seinen Streifzügen durch die Wohnung auch zu zweit und bei bestem Willen nicht mehr lückenlos überwachen. Wenn man ihn hört, ist alles gut. Auch Gepolter und Wutgeheul sind okay. Verdächtig wird es, wenn es still ist. Diesmal saß er andächtig in der Küche und stopfte sich etwas in den Mund. Dem wieder ausgewürgten Gewölle ließ sich noch ansehen, was es mal gewesen war: Meine Rabattkarte.

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