Mein Kairos

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Die Akademie für angewandte Musiktherapie Crossen wurde 1992 von Christoph Schwabe gegrüńdet. Seitdem werden an diesem hervorragenden Institut Musiktherapeutinnen und Musiktherapeuten ausgebildet. Die Akadamie bereitet aber nicht nur auf den Beruf vor. Sie verändert dein Leben. 

 

Ich muss mal wieder nach Hogwarts. Minerva hat anlässlich des Geburtstages von Godric Gryffindor zu einer Feierstunde eingeladen, die ich nicht versäumen will. Denn ich verdanke Hogwarts viel. Ja, eigentlich verdanke ich Hogwarts alles. Hogwarts, das ist die Akademie für angewandte Musiktherapie Crossen. Ich verdanke ihr schlaflose Nächte, nie gekannten Kummer und sorgenvolle Tage. Ich verdanke ihr, wenn man so will, drei Kinder. Natürlich gehören weder Eheanbahnung noch Familienplanung zum Zweck dieses Instituts, aber hin und wieder und gar nicht so selten geschieht es eben doch. In meinem Fall war das, jedenfalls für mich, ganz und gar unvorhersehbar und daher höchst überraschend.

Überraschend war es, weil ich mich bereits damit abgefunden hatte, bis in den Tod ledig und kinderlos zu bleiben, dann hat die Lieb‘ ein End‘, juchhee! Trotzdem schrieb ich wie ein Getriebener und hinterließ Flaschenposten im Internet, immer schwach hoffend, doch noch gefunden zu werden. Vergebens. Eine ganz andere Hinterlassenschaft an der Akademie, ein kleiner Aufsatz über meine Arbeit in einem Lehrbuch war es schließlich, die gefunden wurde und in der jungen Frau, die im Begriff war, Musiktherapeutin zu werden, den Wunsch weckte, mich (mich!!!) kennenzulernen. Sie hat mich geheiratet. Als ich realisiert hatte, dass ich nicht meine Mutter, sondern eine mir damals noch vollkommen fremde Frau heiraten würde, stellte ich mir einen großen Platz vor, auf dem all die unbekannten Frauen stehen würden. Ich müsste die richtige finden. In meiner Vorstellung verließ ich den Platz immer allein. Heute weiß ich, dass man nicht unbedingt jemanden finden muss, sondern auch gefunden werden kann.

Dann war da noch der Unfall. Auf der Fahrt zum 20jährigen Akademiejubiläum überschlug ich mich mit meinem Auto und landete im Krankenhaus. Minerva sagte später, es war mein Glücks-Fall. Wie die Geschichte ohne ihn ausgegangen wäre, wer weiß? Vielleicht hätte ich nie gemerkt, was ich jetzt zwar spät, aber immerhin doch noch merkte: Dass sie bei mir sein wollte. Dass sie mich liebte. Und vielleicht hätte ich mir nie erlaubt, auch sie zu lieben, weil sie doch so viel jünger war, als ich. Aber wenn man weiß, dass man genauso gut auch schon tot sein könnte, erkennt man seinen Kairos doch schneller und kann zugreifen, bevor man ihn nur noch von hinten sieht.

Mein Kairos.pdf

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