Dr. Jekyll

Wir essen wieder Dominosteine, was mich an eine Geschichte aus Entropie und Wollmaus erinnert, meinem Frühwerk aus dem Jahr 2013. Sie sei hier noch einmal wiedergegeben.

Es war vor einigen Jahren in der Adventszeit. Ich hatte schon am Nachmittag Feierabend und wollte es mir mal so richtig gemütlich machen. Kaffee trinken und Dominosteine essen. Ich kaufte die Dominosteine und ging nach Hause. Glücklich dort angekommen zog ich meine Jacke aus und ging ins Wohnzimmer. Ich war mir völlig sicher, dass ich die Dominosteine dort auf den Tisch gelegt hatte. Aber sie waren nicht da. Ich suchte alles ab. Unter dem Tisch. Unter dem Sofa. Nichts. Es war unerklärlich. Ich meine, wohin konnte ich in dieser kurzen Zeit zwischen  dem Betreten der Wohnung und jetzt die Dominosteine verräumt haben? Es war zum Verzweifeln: Einmal, ein einziges Mal will ich es mir gemütlich machen und alles scheint sich gegen mich zu verschwören. Ich sank auf dem Sofa nieder und wollte weinen. Dann passierte es. Ein Bild, wie ein Blitzlicht: ich sah mich selbst in der Küche vor dem gelben Sack stehen, die Jacke noch an und mir die Dominosteine in den Mund stopfen. Nein! Nein, nein, nein! Ich ging in die Küche. Im gelben Sack lag die leere Verpackung der Dominosteine. Das wirft Fragen auf. Warum tut man so etwas? Und wenn ich dazu fähig bin, was tue ich sonst noch alles, dass ich sofort wieder vergesse? Ich kann mir nicht mehr sicher sein. Wenn irgendwo in meiner Umgebung etwas Seltsames geschieht, könnte ich es gewesen sein. Ich bin Dr. Jekyll und Mr. Hyde. 

Schreiben Sie einen Kommentar

Ihre E-Mail-Adresse wird nicht veröffentlicht. Erforderliche Felder sind mit * markiert