Privat kommt von privare und das heißt „berauben“; innerhalb der Familie ein Tabu.
Über die Notdurft wurde meines Erachtens noch nicht erschöpfend geschrieben, weswegen ich an dieser Stelle meinen kleinen Beitrag leisten will. Beginnen möchte ich mit einer Anekdote aus meinen beruflichen Anfangsjahren, als ich, schon Chef, von einem Zivildienstleistenden darauf hingewiesen wurde, dass die Notdurft nicht den gesetzlich vorgeschriebenen Pausenzeiten zugerechnet werden dürfe. Ich nahm das zur Kenntnis und plante unsere Arbeit ohne unseren Zivi, der fortan etweder auf der Toilette war oder Pause hatte. Notdurft heißt eben so, weil es sich bei ihr um ein Bedürfnis handelt, dessen Hintanstellung eine Not verusachen würde, weshalb seine Befriedigung notwendig ist.
In früheren Zeiten, als das Bahnfahren noch geholfen hat, war es eine gängige Übung sich während der Fahrkartenkontrolle auf der Zugtoilette einzuschließen. Findige Schwarzfahrer klopften gerne auch an verriegelte Klotüren, riefen „Fahrkartenkontrolle“ und „Schieben Sie den Fahrschein einfach unter der Tür durch.“ Ob das jemals funktioniert hat, ist nicht überliefert. Ich habe es gerade meinem ältesten Kind zugerufen. Aber von drinnen, weil er mir seine selbstgebastelte Adventskarte zeigen wollte. Er hätte es gemacht, wenn ich meine Anweisung nicht widerrufen hätte. Er zog wieder ab, nicht ohne alles brühwarm seiner schönen Mutter zu berichten, mit dem erklärenden Zusatz: „War ein Witz.“ Auf Zugtoiletten funktioniert dieser heute nicht mehr, weil erstens niemand sein Handy unter der Tür durchschieben würde und zweitens der Spalt unter Tür auch für die dünnsten Handys zu schmal wäre.
Wie privat die Verrichtung der Notdurft sein sollte, ist eine wichtige Frage, die man sich aber auch leisten können muss. Als ich mit dem Ältesten damals zu Hause war, habe ich noch eifersüchtig auf meiner Intimsphäre bestanden. Ich ging aufs Klo, wenn das Kind schlief. Inzwischen, nach dem dritten Kind, sind meine Toilettenbesuche quasi öffentlich. Es ist ganz offensichtlich so, dass das Wort „privat“ innerhalb der Familie keine Bedeutung mehr hat. Die Familie ist das Private. Privater wirds nicht.


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