Spätestens nach dem Frühstück

In der Brauchtumspflege kommt es nicht darauf an, etwas erklären zu können. Aber man muss auch nicht alles mitmachen.

Wohin mit dem Baum? Indem wir unsere Wohnräume eingermaßen alltagstauglich umgestaltet haben, haben wir den bisherigen Platz für das Bäumchen geopfert. Kommt Zeit, kommt Rat dachten wir. Wer weiß schon, ob wir zu Weihnachten noch hier wohnen? Aber wo sollten wir denn sonst wohnen? Und jetzt haben wir ein Problem, das immer größer wird, je näher Heilig Abend herankommt. Es ist nun ja nicht so, dass mir dazu nichts einfallen würde. Man kann mich nachts wecken und ich zähle aus dem Stand zehn Möglichkeiten herunter, wo wir das Bäumchen hinstellen könnten. Aber ich wohne hier schließlich und glücklicherweise nicht alleine. Dann hätte ich das Problem mit dem Baum überhaupt nicht, denn solange ich alleine gewohnt habe, gab es keinen Weihnachtsbaum.

Folglich gab es auch keine Weihnachtsgeschenke. Das hätte noch gefehlt, dass ich mir zusätzlich zu dem Stress mit dem Baum noch einen Sack voller Geschenke aufgeladen hätte, die ich mir selbst hätte aussuchen und einpacken müssen, um sie dann unter den Baum zu legen. So ein Unsinn. Aber jetzt ist das eben anders. Und da, wo ich den Baum überall aufstellen könnte, will ihn meine schöne Gefährtin nicht haben, das weiß ich schon. Also brauche ich auch nicht nachts aufzuwachen und irgendwas vom Weihnachtsbaum faseln. Eine Sorge weniger.

Es ist aber auch ein seltsamer Brauch, sich einen Baum ins Zimmer zu stellen und Kerzen darauf zu stecken. Mir fehlt ausnahmsweise auch einmal jegliche Phantasie, was diese Übung bedeuten soll. In der Weihnachtsgeschichte kommt das jedenfalls nicht vor. Wahrscheinlich irgend so ein heidnischer Aberglaube. Höchste Zeit, damit Schluss zu machen. Meine schöne Frau und ich wissen natürlich beide schon, worauf es schlussendlich hinausläuft. Wir werden am 24. Dezember spätestens nach dem Frühstück abreisen und erst nach den Weihnachtsfeiertagen zurückkehren. Aber wir tun noch eine Weile so, als müssten wir uns das noch gemeinsam überlegen. Und dann wird sie sagen: „Vielleicht ist es besser so.“ Und ich werde antworten: „Ja, es ist besser.“

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